News

5. Juni 2013

Die neuen Verträge für Musikschullehrer | Stellungnahmen von Rackles und ver.di

Wir dokumentieren an dieser Stelle die Stellungnahmen zu den neuen AV für Honorare und Neuverträge an den Musikschulen von Staatssekretär Mark Rackles und der ver.di Fachgruppe Musik

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft Der Staatssekretär

Information zu den Ausführungsvorschriften über Honorare und den Neuverträgen der Berliner Musikschulen

1.) Behauptet wird: Der Senat zwingt die Bezirke bzw. bezirklichen Musikschulen zur Kündigung laufender Verträge.

Richtig ist: Senat und Bezirke sind gleichermaßen daran interessiert, die Dienstverträge mit allen freiberuflichen Lehrkräften fortzusetzen.
Allerdings ist es zwingend notwendig, die Vertragsverhältnisse so zu gestalten, dass über den versicherungsrechtlichen Status der freien Mitarbeiter keine Zweifel bestehen.
Die neue Honorarordnung (sog. “AV Honorare”) und das Bestehen auf eine Einzelabrechnung der geleisteten Stunden tragen dem versicherungsrechtlichen Status der Selbständigkeit der freiberuflichen Lehrkräfte Rechnung und dienen der Absicherung gegen Scheinselbständigkeit. Die Notwendigkeit einer Vertragsanpassung leitet sich ab aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. BSG B 12 KR 26/02), der Rechtsauffassung der Deutschen Rentenversicherung und aus der auch jetzt schon gültigen Landeshaushaltsordnung.
Die Gestaltung der Vertragsverhältnisse mit freiberuflichen Lehrkräften an Musikschulen war in der jüngsten Vergangenheit Gegenstand mehrerer Prüfungen der Deutschen Rentenversicherung; um festgestellte Mängel in der Vertragsgestaltung einzelner Musikschulen zu beseitigen und drohende Nachforderungen der Rentenversicherung gegenüber den Musikschulen und Musiklehrkräften abzuwenden, hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft mit der Rentenversicherung einen rechtssicheren Mustervertrag ausgearbeitet.
Der Mustervertrag ist für die Bezirke bzw. bezirklichen Musikschulen als die eigentlichen vertragsschließenden Parteien lediglich eine Empfehlung. Werden allerdings die Verträge nicht umgestellt bzw. wird in wesentlichen Punkten vom Mustervertrag abgewichen, so erfolgt dies auf Risiko der einzelnen Musikschule bzw. des Bezirks.

2.) Behauptet wird: Die neuen Verträge bedeuten eine deutliche Einkommensverschlechterung für die Musikschullehrer/innen

Richtig ist: Da die bisher geltenden Monatssätze der freiberuflich Tätigen auf Basis von 39 Unterrichtswochen pro Jahr errechnet wurden, die tatsächlich geleisteten Unterrichtsstunden diese Zeit aber oft nicht erreichten (z.B. Feiertage, Ausfall), wurden in der Vergangenheit Leistungen vergütet, die nicht erbracht wurden. Dies ist mit geltender Rechtslage nicht vereinbar:
Da die Führung eines Leistungsnachweises bei Selbständigen Voraussetzung für die Zahlung der Vergütung durch den Auftraggeber ist, können nicht geleistete Unterrichtsstunden nicht mehr vergütet werden.
Je nach Verteilung der Unterrichtsstunden auf bestimmte Wochentage kann es durch die Umstellung auf die notwendige Einzelstundenabrechnung durchaus individuell zu (überschaubaren) Einkommensnachteilen kommen.
Umgekehrt sind mit den Neuregelungen aber auch Einkommensvorteile verbunden:
o Pflicht zur Honorierung von Schülervorspielen und sonstigen Tätigkeiten (wie Elterngespräche, Teilnahme an Fachkonferenzen, AGs, Begutachtung und Pflege von Instrumenten). Zur Vergütung in vollem Umfang sind alle Musikschulen künftig verpflichtet; Vereinbarungen hierzu sind gesondert zu treffen. Die Honorarsätze für diese Tätigkeiten orientieren sich an den für alle Honorarkräfte des Landes geltenden Bandbreiten.
o Bestimmte Unterrichtsformen wie z.B. Musikalische Früherziehung und Unterricht in Kooperationsangeboten werden seit Inkrafttreten der neuen AV Honorare mit 2,- EUR zusätzlich vergütet.

3.) Behauptet wird: Verzögerte Anpassungen an tarifliche Entgelterhöhungen führen zu Einkommenseinbußen!

Richtig ist: Musiklehrkräfte sind gegenüber anderen Gruppen von Honorarkräften deutlich bessergestellt, da ihnen eine automatische Tarifanpassung an die Entwicklung der Tarife bei den Angestellten des Landes Berlin gewährt wird.
Es handelt sich hierbei um eine freiwillige Leistung des Landes! Die Anpassung erfolgt aus Gründen der Haushaltsvorsorge (ggf. Entgelterhöhungen zur Kompensation) und der betrieblichen Organisation jeweils zum 1. August des Folgejahres.
Die neue AV Honorare bestimmt erstmalig den konkreten Zeitpunkt der Anpassung; vorher war die Regelung unbestimmt.
Allein in den Jahren 2012 und 2013 erfolgt durch diese automatische Dynamisierung der Entgelte eine Verbesserung der Einkommenssituation der Musiklehrkräfte um 7,3%.

4.) Behauptet wird: Die neuen Verträge erzeugen einen neuen bürokratischen Aufwand durch Einführung der Einzelstundenabrechnung.

Richtig ist: Die Umstellung der Abrechnungsform auf eine Einzelabrechnung ist aus rechtlichen Erwägungen heraus erforderlich.
Zum Nachweis der erbrachten Leistungen ist von der Lehrkraft künftig eine (Sammel-) Liste über die erbrachten Unterrichtsstunden zu führen und der Musikschule unterschrieben einzureichen. Der Zeitaufwand für das Führen einer solchen Liste ist überschaubar und wird nicht gesondert vergütet, da dies zu den vertraglichen Nebenpflichten gehört.
Die Abrechnung der Leistungen soll in der Regel monatlich erfolgen. Abschlagszahlungen können gemäß den Ausführungsvorschriften der AV Honorare im gegenseitigen Einvernehmen vereinbart werden, bedürfen aber einer einmaligen Zusatzvereinbarung.
Mittelfristig werden die von den Musikschulen bereitgestellten Abrechnungsbögen mit dem neuen IT-Fachverfahren für die jeweilige Lehrkraft den Auftragsumfang pro Woche und Monat eingedruckt enthalten.
Bei Durchführung der Leistung ist nur die Bestätigung notwendig.

5.) Behauptet wird: Für die Honorarkräfte an den bezirklichen Musikschulen gibt es keine soziale Absicherung und keinen Mutterschutz!

Richtig ist: Freiberufliche Musikschullehrkräfte sind nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz über die Künstlersozialkasse gesetzlich kranken-, renten- und pflegeversichert (sofern sie nicht anderweitig versichert sind).
Das Land Berlin leistet dafür Zahlungen an die Künstlersozialkasse. Das durchaus ernst zu nehmende Problem der Altersvorsorge vieler freiberuflich Tätiger liegt in der ggf. schwachen Auftragslage (somit nur eingeschränkte Fähigkeit, selbst ausreichend weitere Beiträge abzuführen) und nicht in der fehlenden sozialen Absicherung.
Für arbeitnehmerähnliche Lehrkräfte sieht die AV Honorare eine Absicherung im Krankheitsfall vor. Das Ausfallhonorar bei Krankheit beträgt 80% des Honorars bis zu 6 Wochen pro Jahr ab dem 4. Tag der Krankschreibung.
Diese Regelung ist eine freiwillige Leistung des Landes für die Lehrkräfte an den bezirklichen Musikschulen.

Die Behauptung, dass freiberufliche Musikschullehrerinnen keinen Mutterschutz genießen, ist schlicht falsch.

Richtig ist: Als Mitglieder der Künstlersozialkasse haben freiberufliche Musikschullehrkräfte Anspruch auf Mutterschaftsgeld im Regelfall 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Entbindung, und zwar in Höhe von 70% des voraussichtlich erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens.
Beiträge zur Künstlersozialkasse entfallen in dieser Zeit.

6.) Behauptet wird: Die für die Vertragsumstellung nötige Software (“MS-IT”) wird nicht fertig und verzögert sich bis Ende des Jahres!

Richtig ist: Die Einführung einer Verwaltungssoftware ist für die Vertragsumstellung zwar hilfreich, aber keine zwingende Voraussetzung.
Das Land unterstützt die bezirklichen Musikschulen bei dem IT-Projekt “MS-IT”, die Einführung und Schaffung der personalrechtlichen Voraussetzungen (Qualifizierung und Gremienbeteiligung) liegen in der Verantwortung der Bezirke.
Der Testbetrieb des Softwaresystems läuft aktuell in vier Bezirken. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sich die für den 1. August 2013 geplante Auslieferung an alle Bezirke verzögert. Nach aktueller Auskunft der Projektleitung wird die Auslieferung der funktionsfähigen Software wie vertraglich vereinbart zum 1. August 2013 erfolgen.

7.) Behauptet wird: Der hohe Anteil an Honorarkräften an den bezirklichen Musikschulen ist nicht vertretbar!

Richtig ist: Die weit überwiegende Unterrichtserbringung durch freiberufliche Lehrkräfte in Berlin ist das Ergebnis verschiedener Entwicklungsprozesse der letzten Jahrzehnte. Dazu beigetragen haben die historisch bedingten Ausstattungsunterschiede bei den Musikschulen (im Westteil der Stadt überwiegend Unterricht durch freiberufliche Lehrkräfte) vor der Wiedervereinigung und die danach notwendigen Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung (Abbau der Festangestellten im Ostteil der Stadt).
Die Leistungserbringung durch freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglicht bei den gegebenen finanziellen Ressourcen eine bundesweit vergleichsweise sehr gute Versorgung der Bevölkerung mit Musikschulunterricht. Bei gegebenen Ressourcen ist die Schaffung fester Stellen im größeren Umfang nicht möglich, ohne den Versorgungsgrad zu gefährden.
Aus fachlicher Sicht wäre mittelfristig ein erhöhter Anteil von Festangestellten (z.B. Zielzahl 20% statt 10%) durchaus wünschenswert.
Der Senat ist mit den Bezirken im Gespräch über Mindeststandards, zu denen auch die Basisausstattung einer Musikschule gehört.

8.) Behauptet wird: Die Anpassung der Ausführungsvorschriften für die bezirklichen Musikschulen (AV Honorare) und die Umstellung der Verträge führen zu Einsparungen von Landesmitteln!

Richtig ist: Mit der Umsetzung der AV Honorare und den neuen Verträgen werden berlinweit keine Honorarmittel eingespart.
Die Landesmittel für die bezirklichen Musikschulen stehen den Musikschulen nicht nur in der bisherigen Höhe zur Verfügung, sondern wurden 2012 sogar aufgestockt. Um die Eltern von einer – eigentlich vorgesehenen – Entgelterhöhung zu entlasten, wurden durch das Land zur Finanzierung der Honorarerhöhungen zusätzliche Mittel von 480.000,- EUR in 2012 und 1,3 Mio. EUR in 2013 zur Verfügung gestellt. Prozentual erhöhten sich die Honorarausgaben der Musikschulen um ca. 8% von ca. 21,7 Mio. EUR in 2008 auf ca. 23,6 Mio. EUR in 2012. Rechnet man die für 2013 zur Verfügung stehenden Mittel in Höhe von 1,3 Mio. EUR hinzu, so können sich die Honorarausgaben auf bis zu 24,9 Mio. EUR erhöhen (ein Anstieg gegenüber 2008 um ca. 14%).

9.) Behauptet wird: Die neuen Verträge der bezirklichen Musikschulen können von den Honorarkräften nicht unterschrieben werden. Der Druck ist auch deshalb nötig, um Aufnahme von Tarifverhandlungen mit dem Senat zu erzwingen!

Richtig ist: Die grundsätzlich legitime Forderung nach Aufnahme von Tarifgesprächen für die Musikschullehrkräfte hat mit der Frage der Vertragsanpassungen nichts zu tun. Die Verbindung ist eine politische Instrumentalisierung, die lediglich zur Verunsicherung an den Musikschulen führt. Die Aufnahme von Tarifverhandlungen für die freiberuflichen Lehrkräfte wird von der zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen unter anderem aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Berlins abgelehnt.
Seit Wiedereintritt Berlins in die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) setzt der Abschluss von Tarifverträgen zudem die Zustimmung aller Mitgliedsländer voraus, die nicht absehbar ist. Einen entsprechenden Tarifvertrag gibt es in keinem Bundesland.
Zudem gelten für freiberufliche Musikschullehrkräfte in Berlin sehr weitgehende Honorarregelungen (Dynamisierung der Entgelte, Urlaubsgeld, Zuschlag zum Honorar, gesetzliche Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung bei Mitgliedschaft in Künstlersozialkasse, Ausfallhonorare bei Krankheit); weitergehende Regelungen könnte ein Tarifvertrag kaum fassen.

Mark Rackles

Dazu dieStellungnahme zum „Merkblatt AV Honorare Musikschulen“ von ver.di, Fachgruppe Musik

1.) Der Versorgungsgrad und der Status
„Die weit überwiegende Unterrichtserbringung durch freiberufliche Lehrkräfte in Berlin ist das Ergebnis verschiedener Entwicklungsprozesse der letzten Jahrzehnte.“ „Die Leistungserbringung durch freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglicht bei den gegebenen finanziellen Ressourcen eine bundesweit vergleichsweise sehr gute Versorgung der Bevölkerung mit Musikschulunterricht. Bei gegebenen Ressourcen ist die Schaffung fester Stellen im größeren Umfang nicht möglich, ohne den Versorgungsgrad zu gefährden.“

Richtig ist: Berlin ist das einzige Bundesland mit einer derartigen Personalpolitik. Die „Entwicklungsprozesse der letzten Jahrzehnte“ sind nicht Ergebnis einer höheren Gewalt, sondern ausdrücklich von der Politik so gewollt. Damals wie heute! Der hohe Versorgungsgrad wird ausschließlich zu Lasten der Honorarkräfte erzielt! Der Senat hat jederzeit die Möglichkeit, diesen Zustand zu beenden, ohne den Versorgungsgrad zu verschlechtern. Die Mehrkosten werden durch die kostenlose Integrationsarbeit und Gewaltprävention der Musikschulen mehr als wett gemacht.

2.) Stellung der Honorarkräfte
„Musikschullehrkräfte sind gegenüber anderen Gruppen von Honorarkräften deutlich bessergestellt“

Richtig ist: Musikschullehrkräfte sind auch gegenüber Frisören deutlich bessergestellt. Der Vergleich von Musikschullehrkräften mit solchen Honorarkräften, die das Land noch schlechter stellt, ist willkürlich und zynisch. Musikschullehrkräfte haben einen Hochschulabschluss und auf Jahre angelegte individuelle Unterrichtsverhältnisse.
Darin unterscheiden sie sich wesentlich von in der „Bandbreitenregelung“ beschriebenen Tätigkeiten „der anderen Gruppen von Honorarkräften“. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Musikschullehrkräfte sind deshalb mit ihren angestellten Kolleginnen und Kollegen an Musikschulen und allgemeinbildenen Schulen zu vergleichen.

Eigentlich könnte die Stellungnahme zum Merkblatt des Staatsekretärs an dieser Stelle enden, weil es sich im weiteren mit Details auseinandersetzt, die das eigentliche Problem nicht treffen.

3.) Scheinselbständigkeit
„Allerdings ist es zwingend notwendig, die Vertragsverhältnisse so zu gestalten, dass über den versicherungsrechtlichen Status der freien Mitarbeiter keine Zweifel bestehen.“

Richtig ist: Das Problem entsteht allein deshalb, weil das Land seine Musikschullehrkräfte nicht fest anstellt. Mängel wurden nach Angabe des Staatssekretärs „in der Vertragsgestaltung einzelner Musikschulen“ festgestellt.

4.) Einzelstundenabrechnung
„…wurden in der Vergangenheit Leistungen vergütet, die nicht erbracht wurden. Dies ist mit geltender Rechtslage nicht vereinbar“

Richtig ist: In der Vergangenheit wurden Leistungen erbracht, die zwar notwendig waren aber nicht vergütet wurden! Der entstehende zusätzliche Einkommensverlust könnte durch eine entsprechende Erhöhung des Grundhonorares kompensiert werden.
Tatsächlich leisten Berliner Musikschul-Honorarkräfte seit Jahrzehnten unbezahlte Zusatzarbeit in der Eltern- und Schülerberatung, in den Wettbewerben, in der Kaufberatung bei der Anschaffung von Instrumenten, bei den studienvorbereitenden und den Stufenprüfungen, und vieles mehr. Ohne diese Zusatztätigkeiten wären die Musikschulen niemals funktionsfähig gewesen. Die jetzt angebotenen Vergütungen für Zusatzleistungen müssen nun bürokratisch vorab in Form von Aufträgen verabredet werden, die Höhe von 10,33 Euro je 45 Minuten ist für Fachleistungen eine Farce.

5.) Einkommens“verbesserung“
„Allein in den Jahren 2012 und 2013 erfolgt durch diese automatische Dynamisierung der Entgelte eine Verbesserung der Einkommenssituation der Musiklehrkräfte um 7,3%.“

Richtig ist: Die Anpassung wurde aus formalen Gründen über viele Jahre ausgesetzt, so dass die Erhöhung in den Jahren 2012 und 2013 weder die Inflation noch die entgangenen Erhöhungen ausgleichen. Zusammen mit den mehr als 3% Verlust durch den Wegfall bezahlter Feiertage ergibt sich deshalb ein erhebliches Minus.

6.) Verzögerte Anpassungen an tarifliche Entgelterhöhungen
„Die neue AV Honorare bestimmen erstmalig den konkreten Zeitpunkt der Anpassung; vorher war die Regelung unbestimmt.“

Richtig ist: Der festzulegenden „konkrete Zeitpunkt“ könnte genauso gut auch der für die tarifliche Erhöhung vereinbarte sein. Auch hier will das Land auf dem Rücken der Lehrkräfte sparen.

7.) Soziale Absicherung und Mutterschutz
„Freiberufliche Musikschullehrkräfte sind nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz über die Künstlersozialkasse gesetzlich kranken-, renten- und pflegeversichert.“ „Das Land Berlin leistet dafür Zahlungen an die Künstlersozialkasse“

Richtig ist: Das Land spart, weil die Künstlersozialabgabe wesentlich geringer ist als der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung.
Für Musikschullehrerinnen gilt das Mutterschutzgesetz nicht. Sie erhalten zwar Mutterschaftsgeld, wenn sie in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, aber einen Schutz vor Kündigung oder vor der Reduzierung der Unterrichtsstunden gibt es nicht. -
Fortzahlung im Krankheitsfall: 80% des Honorars ab dem 4. Krankheitstag führt dazu, dass Lehrkräfte in der Regel auch arbeiten, wenn sie krank sind, weil bei den „überschaubaren“ Einkünften jeder Euro zählt!
Wer mehr als insgesamt 6 Wochen im Jahr krank ist, wird im Gegensatz zu fest angestellten Musikschullehrern fast automatisch zum Sozialfall.
_ „Das durchaus ernst zu nehmende Problem der Altersvorsorge vieler freiberuflich Tätiger liegt in der ggf. schwachen Auftragslage (somit nur eingeschränkte Fähigkeit, selbst ausreichend weitere Beiträge abzuführen) und nicht in der fehlenden sozialen Absicherung.“ _

Richtig ist: In Berlin warten ca. 10.000 Schüler auf Unterricht an einer Berliner Musikschule. Die Auftragslage könnte hervorragend sein, wenn das Land nicht mit regelmäßigen Aufnahmestopps die Lehrkräfte am Arbeiten hindern würde! Zudem sind die Honorarsätze insgesamt zu niedrig.

8.) Der Tarifvertag und die TdL
„Seit Wiedereintritt Berlins in die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) setzt der Abschluss von Tarifverträgen zudem die Zustimmung aller Mitgliedsländer voraus, die nicht absehbar ist. Einen entsprechenden Tarifvertrag gibt es in keinem Bundesland.„

Richtig ist: Von gesonderten Regelungen für Musikschulen sind nur die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen betroffen.
Hamburg und Bremen haben bereits eigene Regelungen, in den anderen Ländern sind die Musikschulen kommunale Einrichtungen.
Dass also die TdL, wie oft behauptet, gegen den Abschluss eines Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Musikschullehrkräfte stimmen würde, ist durch nichts belegt. Zudem gibt es einen solchen Tarifvertrag für u.a. Journalisten und Redakteure in der ARD, also im öffentlich-rechtlichen Bereich.

„Die grundsätzlich legitime Forderung nach Aufnahme von Tarifgesprächen für die Musikschullehrkräfte hat mit der Frage der Vertragsanpassungen nichts zu tun. Die Verbindung ist eine politische Instrumentalisierung, die lediglich zur Verunsicherung an den Musikschulen führt.“

Richtig ist: Die Verunsicherung an den Musikschulen ist ausschließlich auf die Fortsetzung der bereits seit Jahrzehnten verfehlten Personalpolitik zurückzuführen. Die nun erfolgte weitere Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Lehrkräfte und Musikschule, verbunden mit weiteren Einkommenseinbußen, ist Ausdruck mangelnder Wertschätzung und hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

„Die Aufnahme von Tarifverhandlungen für die freiberuflichen Lehrkräfte wird von der zuständigen Senatsverwaltung für Finanzen unter anderem aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Berlins abgelehnt.“

Richtig ist: Hier schließt sich der Kreis des grundsätzlichen Gedankenfehlers….

Fazit
Der Staatsekretär geht von der falschen Grundannahme aus, dass der Einsatz von Honorarkräften notwendig und das Mittel zur Wahl sei.
Allein mit den Kosten für die personellen Mittel und ein kompliziertes IT-Verfahren, die hierfür notwendig werden, könnte die pädagogische Personalausstattung ein gutes Stück verbessert werden. Wenn das Land endlich seine auffallend starke Beratungsresistenz gegenüber Eltern, Leitungen und Lehrkräften aufgäbe und sich zur Schaffung von Stellen sowie dem Abschluss eines Tarifvertrages für die verbleibenden arbeitnehmerähnlichen Honorarkräfte durchringen würde, wäre das strukturelle Hauptproblem der Berliner Musikschulen gelöst und alle – Senatsverwaltung, Musikschulleiter und Lehrkräfte- könnten sich wieder ihrer eigentlichen Arbeit zuwenden.

Berlin, Juni 2013

Quellen:
- http://www.berlin.de/imperia/md/content/sen-bildung/bildungspolitik/merkblatt_av_honorare_musikschulen.pdf?start&ts=1369902907&file=merkblatt_av_honorare_musikschulen.pdf

» Zur News Liste